Silvius Leopold Weiss: Ars Melancholiae - Lautenwerke (Audi
Verfasst: Mi 18. Aug 2010, 23:06
Lautenmusik von S. L. Weiss ist ein Muss für Barocklautenisten, vergleichbar vielleicht mit Bach für Klavierspieler. Es geht bei neuen Aufnahmen nicht so sehr darum, etwas Neues zu präsentieren, sondern um eine neue Interpretation. Moreno hat hier also seine Sicht auf Weiss präsentiert. Ich finde, man kann deutlich die Tradition hören, aus der Moreno stammt: die Tradition der klassischen spanischen Gitarre mit ihren Granden Tarrega, Segovia, Los Romeros uvm. Es geht hier um die vollkommene Beherrschung des Tones und der Klangfarbe. Das widerspricht allerdings ein bisschen den Gepflogenheiten der aus der französischen Barockmusik geborenen Barocklautenmusik mit ihren vielen kleinen Spitzen und Rüschen, ihren akustischen Täuschungen. Weiss hat zwar das italienische Moment der Musik stark aufgenommen (Corelli, Scarlatti), aber großgeworden ist auch er in der französischen Schule. Moreno hat ihn aus meiner Sicht also verfremdet, ob bewusst und absichtlich oder nicht. Dazu zählt auch der Titel "Ars Melancholiae", die Kunst der Schwermut. Bei John Dowlands oder Robert Johnsons Epoche würde ich das sofort verstehen, da war Melancholie en vogue. Zu Weiss' Zeit aber schon lange nicht mehr, da war die Mode "galant". Aus meiner Sicht verfremdet Moreno seinen Komponisten hier also. Das Ergebnis ist aber trotzdem durchaus anhörbar.