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Laute mit festen Bünden

Verfasst: Mi 12. Nov 2025, 20:08
von BlameNotMyLute
Ich habe erst seit kurzem eine Laute (Renaissancelaute mit sechs Chören) und muss mich noch ein wenig an die Tatsache gewöhnen, dass sie bewegliche Bünde hat. Hin und wieder stört es mich, dass sie sich beim Spielen manchmal verschieben. Da hätte ich schon die Frage, ob jemand auch eine Renaissancelaute mit mit festen Bünden hat, welche Möglichkeiten es da gibt, was einen eventuellen nachträglichen Einbau gibt (Material z.B.) oder ob es schwerwiegende Argumente dagegen gibt. Freue mich auf kompetente Antworten.

Re: Laute mit festen Bünden

Verfasst: Do 13. Nov 2025, 19:15
von jokli
Ich würde ungern meine Darmbünde gegen feste Bünde eintauschen, denn die Darmbünde haben zwar einige kleine Nachteile, aber auch viele Vorteile:
- Historisch wurden feste Bünde praktisch ausschließlich für Metallsaiten verwendet - zumindest auf dem Griffbrett, aber nie für Darmsaiten. Das hat seine Gründe, denn feste Metallbünde waren wohlbekannt.
- Ich mag das Spielgefühl der etwas weicheren Bünde, das wirkt sich m.E. auch auf den Klang aus. Die Bünde helfen auch ein wenig, dass sich die Doppelsaiten weniger verschieben als auf glatten Metallbünden.
- Es hat einige Vorteile, die Bünde verschieben zu können. Nicht alle Saiten sind wirklich bundrein, insbesondere dünne Darmsaiten. Auch bei zunehmender Abnutzung der Saiten stimmen oft die Positionen der Bünde nicht mehr. Durch Verschieben der Bünde kann man das etwas ausgleichen - natürlich muss man dabei immer beachten, dass sich das auf mehrere Saiten gleichzeitig auswirkt. Man kann die Bünde auch etwas schrägstellen, um einen guten Kompromiss zwischen verschiedenen Saiten zu finden.
- Ein heiß diskutiertes Thema waren und sind ungleichschwebende Stimmungen, insbesondere mitteltönige Stimmungen. Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, manche Bünde etwas höher zu setzen (fa-Bund), andere etwas tiefer (mi-Bund) und dadurch in den gebräuchlichsten Tonarten schönere große Terzen zu erhalten. Das kann bei bestimmten Stücken klanglich eine Offenbarung sein, um das vernünftig machen zu können, muss man sich aber etwas tiefer mit der Materie beschäftigen, deshalb würde ich für den Anfang davon abraten.

Wenn Deine Bünde sich beim Spielen von selbst verschieben, sind sie vielleicht einfach ausgeleiert. Auch zu trockene Luft kann mit dafür eine Ursache sein. Wenn die Bünde an sich noch recht gut (rund) und ziemlich fest sind, kannst Du Dir mit kleinen Keilen behelfen, die man beispielsweise aus Papier falten kann. Dazu schiebst Du den Bund erst etwas Richtung Obersattel (denn da ist der Hals dünner), und wenn er locker genug ist, steckst Du den Keil rein und schiebst den Bund wieder hoch an die richtige Position. Sieht nicht so elegant aus, funktioniert aber - und Du kannst das bei vielen Lautenisten beobachten. Wenn die Bünde aber zu verschlissen oder ausgeleiert sind, solltest Du sie ersetzen. Wenn Du das noch nie gemacht hast, lass es Dir am besten zeigen, auch viele Lautenbauer bieten das preisgünstig an. Wenn Du einmal gesehen hast, wie man das macht, ist es ganz einfach. Die Abnutzung ist der einzige wirkliche Nachteil, der mir einfällt - aber der Aufwand und auch die Kosten halten sich doch in Grenzen.

Viele Grüße
Joachim

Re: Laute mit festen Bünden

Verfasst: Fr 14. Nov 2025, 18:58
von garyhess
Ich kann Michael Sander in Wiesloch empfehlen. Er hat mir schon mit verschiedenen Reparaturen geholfen. Neue Bünde würde das Problem lösen. Das kann man auch selbst machen, aber Profihilfe wäre nicht schlecht für den Anfang.

https://www.feinegitarren.de/

Re: Laute mit festen Bünden

Verfasst: Sa 15. Nov 2025, 01:56
von Tedesco del Liuto
Moin ut Bremen!

Bitte keine festen Bünde! Eine Renaissance- oder Barocklaute hat aus guten Gründen keine festen Bünde, sondern richtig gebundene aus Darm. Wenn die Dinger unerwünschterweise rumrutschen, dann sind sie entweder ausgeleiert oder von vornherein zu lose gewesen, oder sie werden von einem überfest greifenden Daumen herumgeschoben.
Eine sechschörige Laute ist ein Wunderding. Das Repertoire ist riesig, voller toller Stücke von Kleinigkeiten bis zu Monsters of Lute Literature, und die richtigen (also gebundenen Darmbünde) Bünde machen es möglich, z. B. eine mitteltönige Temperatur einzustellen. Fest installierte Bünde würden meist auf eine moderne gleichschwebende Temperatur zielen, und dann braucht es eigentlich keine Laute mehr.
Außerdem macht es Spaß, Bünde aufzuziehen, ist spannend, stinkt geradezu gotisch wenn die Enden mit dem Streichholz, einer Kerze oder einem Feuerzeuge (horribile dictu) angekokelt und damit aufgepilzt werden, und es sieht einfach auch besser aus, fühlt sich besser an ...
Wenn feste Bünde installiert werden, ist das alles vorbei. Übrigen leicht einmal auch, wenn Bünde aus Kunststoff um den Hals geknüpft werden, denn die brauchen viel mehr Zug, um ausreichend fest zu sitzen, und drücken dann leicht Dellen in den Randbereich des Griffbretts. Dann ist die schöne Möglichkeit, je nach Tonalität die Bünde leicht zu verschieben, perdu.

Just my pennyworth


BlameNotMyLute hat geschrieben: Mi 12. Nov 2025, 20:08 Ich habe erst seit kurzem eine Laute (Renaissancelaute mit sechs Chören) und muss mich noch ein wenig an die Tatsache gewöhnen, dass sie bewegliche Bünde hat. Hin und wieder stört es mich, dass sie sich beim Spielen manchmal verschieben. Da hätte ich schon die Frage, ob jemand auch eine Renaissancelaute mit mit festen Bünden hat, welche Möglichkeiten es da gibt, was einen eventuellen nachträglichen Einbau gibt (Material z.B.) oder ob es schwerwiegende Argumente dagegen gibt. Freue mich auf kompetente Antworten.

Re: Laute mit festen Bünden

Verfasst: Mo 17. Nov 2025, 19:43
von diesch
und Moin auch aus Bremen

vorsichtige Menschen nehmen anstelle der offenen Flamme auch schon mal einen Lötkolben, um die Enden des Bunddarms zu verdicken, damit sie nicht aus den Knoten rutschen. Das ist dann allerdings nicht im Sinne der Renaissance oder des Barock.