Herausforderungen für die linke Hand

Practice
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Lindemann
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Herausforderungen für die linke Hand

Beitrag von Lindemann » Di 5. Jan 2016, 07:08

Eine Frage an die Praktiker:
Obwohl ich nun schon seit vielen Jahren Laute (Renaissancelaute) spiele, tue ich mich bei 2-3 Akkorden immer noch schwer. Intensives Üben führt dann letztlich nur zu Verkrampfungen und Schmerzen in der linken Hand, schlimmstenfalls zu einem Karpaltunnelsyndrom mit anschließender Zwangspause.
Einer dieser Akkorde ist Es-Dur, bei der G-Laute also das häufig vorkommende (Tabulatur-) Griffbild:
a (1. Chor)
b (2. Chor)
b (3. Chor)

d (5. Chor)

Ich weiß, dass man dafür den linken Zeigefinger so verbiegen soll, dass man die beiden b im 2 und 3. Chor mit dem ersten Fingerglied greift, ohne den 1. Chor zu berühren. Wenn man sich einige Sekunden Zeit nimmt, klappt das schon mal, d.h. auch der 1. Chor erklingt; im Spielfluss habe ich das aber noch nie hinbekommen. Ich weiß nicht, ob noch intensiveres Üben helfen würde - sicher sind aber die oben beschriebenen Folgen, besonders für den linken Zeigefinger!
Beim Continuospiel ist der Griff kein Problem, weil ich den 2. Chor dann einfach auslasse, und ich glaube, dass das im Falle eines Ensembles nicht wirklich zu hören ist. Beim Solospiel sieht die Sache anders aus...Da lasse ich das es' zwar ebenfalls weg, habe dann aber ein schlechtes Gewissen.
Meine Frage an die Gemeinde also: wie gehen andere Lautenisten mit diesem Fall um? Gibt es womöglich einen Trick?

Hieronymus
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Re: Herausforderungen für die linke Hand

Beitrag von Hieronymus » Di 5. Jan 2016, 09:43

Lieber Lindemann,
Frage 1: haben sie Lautenunterricht? Wenn nicht, sollten Sie sich bei einem guten Lautenlehrer anmelden. Es sehr schwierig eine Ferndiagnose zu stellen, sicher ist dass Sie etwas falsch machen. Das Lautenspiel darf niemals weh tun.Wo wohnen sie? Sie dürfen sich jeder Zeit bei mir melden für Lautenstunden.
Viele Grüße,
Hieronymus

Lindemann
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Re: Herausforderungen für die linke Hand

Beitrag von Lindemann » Do 7. Jan 2016, 09:08

Hallo Hieronymus,
vielen Dank für Ihren Kommentar und das freundliche Angebot; zu einem günstigeren Zeitpunkt möchte ich wohl darauf zurückkommen. Ja, ich hatte Lautenunterricht, und zwar immer dann, wenn es mich beruflich in die Nähe eines Lautenlehrers verschlug. In den letzten Jahren allerdings nicht mehr, aus allen möglichen Gründen.
Es tut mir leid, wenn ich mich unklar ausgedrückt und den Eindruck erweckt habe, dass ich unter Schmerzen Laute spiele. Nein, so ist das nicht. Ich habe nur zweimal (vor mehr als 15 Jahren) die schmerzhafte Erfahrung gemacht, dass technisch schwierige Passagen sich nicht erzwingen lassen; seit dieser Zeit mache ich einen Bogen um einen oder zwei "Knöchelbrecher"-Akkorde, d.h. ich spiele sie vereinfacht, um mehr Zeit für schöne Dinge zu haben. Dem Hinweis auf die Notwendigkeit eines guten Lehrers ist uneingeschränkt zuzustimmen, und er wäre ein eigenes Diskussionsthema, z.B. unter der Fragestellung "Was tun, wenn es im Umkreis von 100 km keinen Lautenlehrer gibt (erst recht keinen guten!)?" Das war übrigens damals in den siebziger Jahren ein noch sehr viel schwierigeres Thema.
Aber darum geht es mir bei meinem Beitrag nicht. Mir geht es wirklich nur um die Detailfrage "Es-Dur" in der beschriebenen Gestalt. Wenn ich z.B. als Folge dieses Beitrags erfahren würde, dass sonst niemand dieses konkrete Problem hat, wäre das für mich schon aufschlussreich. Lieber Hieronymus, bei Ihnen höre ich jedenfalls heraus, dass Sie diesen Akkord in der "großen" Form greifen, wenn er in der Vorlage geschrieben steht, habe ich das richtig verstanden?
Vielleicht machen es manche aber auch so wie ich*, indem sie bei subjektiv unüberwindlichen Passagen "mogeln", um trotzdem eine schöne Musik zu machen und die Laute nicht ins Korn werfen zu müssen? Haben womöglich - horribile dictu - auch die Alten vor 400 Jahren manch Ton in ihre Kompositionen hineingeschrieben (aus Gründen des Stimmgefüges oder des Renommees), ohne ihn an schnellen Stellen dann tatsächlich selbst zu spielen?

*so selten wie möglich und nur dann, wenn unvermeidbar

Feuilles
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Re: Herausforderungen für die linke Hand

Beitrag von Feuilles » Fr 8. Jan 2016, 15:14

Einer dieser Akkorde ist Es-Dur, bei der G-Laute also das häufig vorkommende (Tabulatur-) Griffbild:
a (1. Chor)
b (2. Chor)
b (3. Chor)
d (5. Chor)
Einige Vorschläge zu Es-Dur:
a (1. Chor) 0
b (2. Chor) 2
b (3. Chor) 1
d (5. Chor) 4 oder 3

a (1. Chor) 0
g (3. Chor) 4
f (4. Chor) 3
d (5. Chor) 1

a (1. Chor) 0
g (3. Chor) 2
f (4. Chor) 1
i (6. Chor) 4 (evtl. 3)

vielleicht hilfts...

Hieronymus
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Re: Herausforderungen für die linke Hand

Beitrag von Hieronymus » Mo 11. Jan 2016, 15:05

Lieber Herr Lindemann,
bei der L. Hand soll der Daumen immer recht tief sein, und die Finger auf die Fingerkuppe gestellt sein. So vermeidet mann das berühren von leeren Saiten. Klar, mogeln geht immer. Gehen Sie passagen mit dem schweren Griff immer langsam an, mit dem Akkord davor und danach: der Akkord selber ist meistens weniger das Problem, sondern der Weg dorthin und wieder zurück.
Auch 'trockene' L.H. Übungen bringen sehr viel! Ein konzentrat an Technik ist oft hilfreicher als nur 'Stücke' zu üben. Auch Technische Übungen müssen langsam geübt werden: nur so kann mann die Finger kontrollieren.
Vielleicht haben Sie Interesse sich bei einem Lautenkurs an zu melden. Im Moment werden viele Kurse angeboten...
Viel Erfolg beim üben,
Hieronymus

mwx
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Re: Herausforderungen für die linke Hand

Beitrag von mwx » So 17. Jan 2016, 17:03

Wenn der Höhen-Abstand von der d-Saite zum Bund b zu groß ist oder der Seiten-Abstand von der g- zur d-Saite zu klein ist, kann man abb,d nicht greifen. Dann besteht die Abhilfe darin, den zutreffenden Fall an der Laute zu ändern. Es wird dann auch mit "ungelenkigem" Zeigefinger greifbar sein!

EkkehardUlrich
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Re: Herausforderungen für die linke Hand

Beitrag von EkkehardUlrich » Mi 20. Jan 2016, 16:43

Ergänzung zur Antwort von MWX:

Die Höhe des Sattels bestimmt die Spielbarkeit der Saiten im ersten Bund. Um festzustellen, wie hoch der Sattel ist drückt man die Saite zwischen dem 2ten und 3ten Bund herunter. Der Abstand zwischen 1ten Bund und der Saite sollte dann 0,0 bis 0,15 mm betragen. (Papier 80gramm ist etwa 0,1mm dick, die Textseiten der letzten Lauteninfo sind 0,15 mm dick). Sollte der Abstand größer sein, sollte der Sattel angepaßt werden. (Die Saite sollte aber nicht so tief liegen, daß sie beim Herunterdrücken am 3ten Bund den ersten Bund schon berührt, bevor sie am 2ten Bund aufliegt). Mit dieser Korrektur habe ich schon manchen Lautenspieler und auch Gitarristen die Freude an ihrem Instrument wiedergegeben.

Der Abstand der g'-Saite zum 2ten Chor sollte gleich sein wie der Abstand der Mitten der nächsten Chöre. Ich sehe oft, daß die erste Saite nur den Abstand der Saiten zwischen den Chören hat, das ist u.U. sogar historisch, erschwert aber das Spielen.

Viel Freude nun am Akkord Es Dur!

EkkehardUlrich
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Lindemann
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Re: Herausforderungen für die linke Hand

Beitrag von Lindemann » Do 25. Feb 2016, 09:55

Ein herzliches Dankeschön an alle, die etwas zu diesem Thema beigesteuert haben.
Euer
Erwin Lindemann

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