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Schwacher Klang im Diskant - was tun?

Verfasst: Do 7. Mär 2013, 12:20
von publius silvanus
Hallo, in meiner Vorstellung als neues Forumsmitglied habe ich mein Problem beschrieben; der Vollständigkeit halber bringe ich es noch einmal unter dieser Rubrik vor.

Im letzten Jahr kaufte ich bei Folkfriends in Hamburg eine 11-chörige Laute mit Bassreiter, sieht nach Renaissance aus, klingt aber barock, beim Spielen kommt eine ganze Klangwolke raus. Überwiegend aus Ahorn und sehr schön, wenn auch ohne viel Dekoration.
Die Leute von Folkfriends sagten mir, dass die Laute nach Hans Neemann gebaut wurde (in Asien), aber ich habe nirgends einen Hinweis gefunden, dass der Lautenspieler Neemann auch Lauten gebaut hat.
Es war ein Sonderangebot (für ein Meisterinstrument spiele ich einfach nicht gut genug!) mit Schwächen, die ich zum Teil behoben habe. Eine Schwäche aber ist geblieben, und zwar der blasse Diskant. Die drei höchsten Chöre sind matt. Ich habe die Laute deshalb schon von g' auf e' umgesaitet, ohne Erfolg. Selbst eine umsponnene höchste Saite (von Junger) brachte keine Abhilfe, Änderungen am Steg auch nicht. Ich denke, es liegt an den Deckenleisten. Normalerweise sollte man durch die Rosette schon Leisten erkennen, bei meiner Laute ist aber rein gar nichts zu sehen. Auch ist die Fichtendecke mit gut 2,5 mm am Rand nicht gerade sehr dünn. Vielleicht weiß jemand Rat. Ich gedenke, die Decke abzunehmen und eine andere Leistenkonstruktion zu bauen, habe aber keinerlei Plan. Das Problem ist, dass alle Lautenspezialisten Deckenleisten beschreiben, aber keiner schreibt, was passieren muss, damit sich der Klang so oder so verändert. Die Alternative wäre, die Laute zu verkaufen und auf ein anderes Angebot zu warten.

Re: Schwacher Klang im Diskant - was tun?

Verfasst: Di 12. Mär 2013, 10:08
von Hieronymus
Hallo Publius,
es hat mir ein Lautenbauer erklärt, dass in solchen Fällen die Decke deiner Laute vielleicht nicht gleichmäßig genug gebaut wurde. Was das Stimmen angeht, kann es sein, dass die Wirbel nicht gut genug passen? Schaue auch nach, ob die Bünde fest genug sind und überall fest auf dem Griffbrett anliegen.
Ich würde Dir empfehlen, eine bessere Laute zu kaufen (z.B. Lautenforum Gebrauchtinstrumente).Ein besseres Instrument macht viel mehr Spaß beim Spielen! In Bremen gibt es eine Menge Leute, die Laute unterrichten. Wenn du Interesse hast, kann ich Dir eine Adresse vermitteln.
Viele Grüsse von Hieronymus (Suzanne van Os)

Ich habe ein paar Mal erfolglos versucht, über dieses Forum zu antworten, entschuldige bitte falls die mail jetzt öfter ankommt...

Re: Schwacher Klang im Diskant - was tun?

Verfasst: Do 14. Mär 2013, 21:59
von EkkehardUlrich
Hallo publius silvanus!

Diese Antwort findest Du auch in Dier Vorstellung.

Wenn der Diskant einer Laute schwach bis farblos ist, liegt das wohl an der Deke und deren Ausarbeitung und Bebalkung. Eine Umarbeitung bzw. Neugestaltung der Decke kann Erfolg haben, ist aber riskant. Du schreibst, daß Du keine Balken durch die Rosette sehen kannst. Das liegt vielleicht daran, daß unter der Rosette keine Balken sind, das ist bei einer dicken Decke, die vielleicht noch eine Absperrung unter der Rosette hat, üblich. Die vorhandenen Balken kann man sichtbar machen, wenn man durch die Rosette (wenn die Öffnungen groß genug sind) oder durch das Loch des Knopfes (falls vorhanden bzw, wenn er nicht eingeleimt ist) eine Miniaturglühlampe mit Kabel einführt und im dunklen Raum das Instrument von innen durchleuchtet. Die Balken sind dann als Schatten sichtbar. Danach kannst Du beurteilen ob die Bebalkung am schwachen Diskant schuld sein kann. Wenn man viel Geld übrig hat oder man einen Röntgenarzt gut kennt, kann man auch eine Röntgenaufnahme machen lassen, die Lampenmethode ist aber billiger.

Um die Decke und deren Bebalkung richtig zu machen ist dann aber einiges Wissen notwendig. In meinem Buch "Lautenbau" kannst Du einiges über die Bebalkung erfahren. Das Buch ist gerade erschienen und hat die ISBN 978-3-8482-6312-7. Es ist dort auch über alle anderen Aspekte der Laute was zu finden.

Der Umbau einer Laute auf mechanische Wirbel ist mit normalen Gitarren oder Bastardlautenmechaniken meist nicht möglich, zumindestens problematisch. Nicht nur das Gewicht der Mechaniken macht Probleme sondern hauptsächlich die nicht lieferbaren langen Wellen. Eine Alternative sind mechanische Wirbel, die aussehen wie normale Wirbel, aber im Kopf eine Mechanische Übersetzung (meist 1:4) mitells Planetengetriebe haben. Sie tauchen immer wieder in den Puplikationen auf, auch für die Laute. Für Violine, Viola und Cello sind sie schon eingeführt. Die letzte Nachricht darüber habe ich bei Gamut Music gelesen. Dort bekommt man Instrumente von Daniel Larson auf Wunsch mit diesen Wirbeln. Schau doch mal dort vorbei, die Adresse ist http://gamutmusic.squarespace.com/ . Vielleicht kannst Du dort eine Lieferquelle erfragen. Ich selbst habe das Problem nicht, deshalb kann ich selbst keine Adresse nennen.

Daß ein Lautenist 40 Jahre gestimmt hat, wenn er sechzig Jahre alt geworden ist zeugt vom Versagen seines Lautenmachers. (Oder der Spieler hat nicht den Mut oder er ist zufaul, mit seinem Problem zu ihm zu kommen, oder weil es einfacher ist über die unzulänglichkeit dieser Konstruktion zu klagen) Normale Wirbel aus gutem Holz, gut gearbeitet und eingepaßt, sowie gut gepflegt, sind eine Freude für den Spieler. Das einzige Manko ist die direkte Übertragung, das man, wenn man nicht genug Feingefühl in den Fingern hat, mit einem Stimmschlüssel lösen kann.

Übrigens: Wer auf der Laute oder Gitarre improvisieren kann, hat vielen Lautenisten, die nur nach Noten oder Tabulatur spielen können, einiges voraus!

Noch etwas zu Neemann: Er hat neben Ausgaben für die Barocklaute auch eine Schule für die Barocklaute veröffentlicht (bei Schott) und wohl auch Lautenmacher seiner Zeit beeinflußt wie die Ihre Lauten bauen sollten. Diese Lauten (nach Neemann) kursieren noch auf dem Markt. Der Umbau eines solchen Instrumentes lohnt sich in der Regel nicht, da viele andere Dinge an diesen Instrumente aus der Sicht des damaligen Gitarrenbaus und seines Fortschrittsglaubens gestaltet wurden. Suzanne van Os hat Recht, wenn sie meint, Du solltest Dir ein besseres Instrument, welche auch manchmal sehr günstig zu haben sind, kaufen. E-Bay und Folksfriends sind für Folkmusiker gut, für Lautenisten aber nicht die richtige Adresse. Da Du scheinbar mit dem Instrumentenbau etwas vertraut bist, warum baust Du Dir nicht selbst eine Laute. Als Neurentner hast Du ja vielleicht Zeit dazu. Bei David van Edwards bekommst Du einen Plan un eine CD mir der Anleitung, Du kannst in etwa einem Jahr damit fertig werden. Das Theoretisch Wissen zusätzlich findest Du in meinem Buch "Lautenbau" (siehe oben).

Viele Grüße von Ekkehard (auch Rentner)

Re: Schwacher Klang im Diskant - was tun?

Verfasst: Fr 15. Mär 2013, 16:59
von EkkehardUlrich
Nachtrag zu meiner Antwort von gester!

Die Schle für die Barocklaute ist nicht bei Schott erschienen. Ich hatte mal eine, die ist mir aber abhanden gekommen.

Die Adresse zum Kurs zum Bau einer 13 chörigen Barocklaute ist: http://www.vanedwards.co.uk/course.htm . Aber vielleicht willst Du Dir auch eine Renaissancelaute 6 der 7 chörig bauen, di Adresse ist hier: http://www.vanedwards.co.uk/renlute.htm.

Das war, was ich gestern vergessen habe

Viele Grüße von Ekkehard

Re: Schwacher Klang im Diskant - was tun?

Verfasst: Fr 23. Jan 2015, 12:29
von ENNEMOND2
Eine Frage zu Deiner 11-chörigen: Wie alt ist sie denn?

Umsponnene Saiten sollte man übrigens auf den oberen Chören niemals aufziehen. Ein eher schwaches oberes Register muß gar nicht unbedingt "schlecht" sein. Für französische Lautenmusik (die ja oft auf 11-chörigen gespielt wurde) würde ich z. B. meist einen eher "delikaten" als einen "voluminösen" Klang bevorzugen. Wie ist es denn mit der TonLÄNGE bei Deiner Laute? - hat sie oben einen eher kruzen oder einen längeren Ton? Viele Barocklauten - besonders wenn sie relativ neu sind - haben einen eher kurzen Ton - besonders ab dem 4. Bund. Einen längeren Ton bekommt man tendenziell mit etwas dickeren Decken.
Einen stärkeren lauteren Ton bekommt wohl tendenziell mit etwas dünneren Decken.
Christoph Dohrmann