Alte deutsche Basslaute - Sorgenkind

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michvog
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Alte deutsche Basslaute - Sorgenkind

Beitrag von michvog » Di 27. Aug 2019, 10:16

Hallo zusammen.
Ich bin ein Michael aus dem Raum Lippstadt und seit gestern stolzer Besitzer einer alten Basslaute.

Diese ist bis auf einen fast abgelösten Steg wohl in annehmbar gutem Zustand. Der Vorbesitzer, ein älterer Doktor, sagte, schon seine Großmutter hätte das Instrument bereits gespielt...Ein Familienerbstück. Also datieren wir das Instrument mal vorsichtig auf ~1900.

Die Basslaute hat einen Schwanenhals und 6 Bordunsaiten. Stimmung: e h g d a E / D C H G A F
Sie ist für Ballends ausgelegt, aber ich denke, Stahlsaiten kommen nicht in Frage.
Was kann ich ihr (nach Restauration) an Saiten aufspannen?
Ich dachte an einen Gitarrensatz Silk & Steel mit Ballends. Würde das gehen? Was käme als Bordunsaiten in Frage?

Der Steg ist glatt von der Decke abgelöst. Wie/womit kann ich das am Besten reparieren?
Wie kann ich das gesamte Gerät pflegen? Die Decke scheint gewachst, der Bauch ist lackiert.

Weitere Beschreibung:
Den Wirbelkasten ziert eine quadratische Blume, die Kanten des Wirbelkastens sind mit Schnitzereien verziert. Das Schalloch ist kein Inlay, sondern wurde direkt in der Decke geschnitzt. Ich habe kein Logo und keinen Schriftzug gesehen.

Vielleicht kann mir auch jemand anhand von Bildern sagen, wer der Hersteller ist und von wann die tatsächlich ist. Aber dazu müsste ich wissen, wie ich die hier einstellen kann...???


Viele Grüße, Michael

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Re: Alte deutsche Basslaute - Sorgenkind

Beitrag von michvog » Di 27. Aug 2019, 10:23

So. Gerade habe ich im Thema unter meinem gelesen, wie das mit den Bildern hier geht.
Versuch: Die Laute und Details
Basslaute kl.jpg
Schalloch klein.png
Wirbelkasten klein.jpg
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michvog
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Re: Alte deutsche Basslaute - Sorgenkind

Beitrag von michvog » Di 27. Aug 2019, 10:27

Der Schaden:
Steg1 klein.jpg
Steg2 klein.jpg
Wie ihr sehen könnt, hat sich der Steg hinten abgelöst, ist im vorderen Bereich noch fest.
Wie repariere ich das am Besten und am Haltbarsten?

Viele Grüße, Michael
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Tedesco del Liuto

Re: Alte deutsche Basslaute - Sorgenkind

Beitrag von Tedesco del Liuto » Mi 11. Sep 2019, 08:27

Moin!

Schönes Stück! Was die Besaitung anbetrifft: kein Metall, auch nicht Silk-and-Steel-Saiten. Möglichst leicht (also dünn und zugschwach). Du kannst versuchen, Dich an einem der Lautensaitenrechner zu orientieren, die es materiell von Kürschner und von Pyramid gibt und ansonsten im Web, und auf einen Zugwert zwischen Renaissance-Laute und Gitarre zu zielen.

Der Steg: Das ist nicht so ganz ohne, und wenn Du mit solchen Sachen noch nichts zu tun hattest, könnte es keine schlechte Idee sein, Dich nach einem Coaching umzuschauen oder das sogar einem Instrumentenbauer anzuvertrauen. Der Steg ist mit einem tierischen Leim (wahrscheinlich Knochenleim) aufgesetzt worden, der reversibel ist, also durch Feuchtigkeit und Wärme gelöst werden kann. Bei der Neuverleimung müssen beide Seiten (also die Fläche der Decke und die Unterseite des Steges) vollkommen von alten Leimresten, Schmutz und Unebenheiten befreit sein, und die Verleimung geschieht dann heiß: Knochenleim wird im sogenannten Marienbad bzw. im Leimkocheer aufgelöst und erhitzt, schnellst aufgetragen und der Steg (möglichst etwas erwärmt) wird aufgesetzt, leicht angepresst und fixiert. Zwei Löcher für die Saitenhalterstifte können dafür benutzt werden, Holzstifte für die Fixierung der richtigen Position einzusetzten. Wenn die durch den Leim nachher festsitzen, sind sie leicht rauszubohren.
Aber wie gesagt: das ist nichts für einen ersten Versuch....

Viele Grüße

Joachim

P.S.: Wer hat's gemacht? Tja, diese Dinger kamen meist aus großen Manufakturen/Musikinstrumentenfabriken etwa im Vogtland und sind (bisher) kaum zuzuordnungen. Um 1900 finde ich etwas arg früh. Vielleicht eher Zwischenkriegszeit, 1920er? Es gab eine Mode für das "Lautenlied", die etwa 1926 abebbte, aber diese Art Instrument wurde auch nachher noch gebaut.

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Re: Alte deutsche Basslaute - Sorgenkind

Beitrag von michvog » Do 12. Sep 2019, 07:53

Hallo Joachim.
Danke Dir.
Ich habe wohl schon Gitarren repariert, aber Du hast Recht: In dem Bereich bin mich blutiger Anfänger.

Saiten habe ich von deutscher Saitenmanufaktur anfertigen lassen. Nylon mit Ballends.

Ich habe inzwischen auch noch mehrer Schäden entdeckt, die ich bei der ersten Besichtigung übersehen habe.
Die Decke löste sich leicht am Rand zur Zarge und zwischen den Spänen sind teilweise sehr schmale Schwundrisse zu sehen.

Plan: Die Risse im Griffbrett wollte ich mit Titebond original füllen, die Risse an Decke und Spänen mit Hautleim ausfüllen. Für den Steg wollte ich Knochenleim nehmen, habe damit jedoch keine Erfahrungen. Wenn ich das nicht am Probestück zufriedenstellend hin bekomme, wollte ich für den Steg auch Titebond original nehmen.
Aufspannen werde ich den Steg mit Gewindehaken, die ich durch die Saitenlöcher in der Decke einführe. Damit sie sich nicht verdrehen setze ich ein Druckstück mit Führungsbohrungen auf und schraube dieses Sandwich dann auf die Decke. Vorteil: Der Steg bleibt rundherum frei und ich kann Leimreste wegwischen.

Gibt es einen Tip, wie ich die Decke hinterher behandeln sollte, damit die wieder schön wird? Lack? Beize? Wachs?
Da ich zum Entfernen des Stegs Hitze eingesetzt habe, wurde der ohnehin schon unansehnliche Lack in dem Bereich noch mehr beschädigt. Ich habe also angefangen, die Decke mit Stahlwolle 000 und feinem Schmirgelleinen abzuschleifen, da ich sie eh komplett neu versiegeln muss. Jetzt sind mir aber die Bundstege in der Decke im Weg. Wie bekomme ich diese heraus?

Anbei ein paar Bilder vom jetzigen Zustand der Laute:
a Rücken.jpg
a Deckenriss.jpg
a Bundstege.jpg
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Re: Alte deutsche Basslaute - Sorgenkind

Beitrag von michvog » Do 12. Sep 2019, 07:54

Fortsetzung
a Spanrisse.jpg
a Schliff.jpg
Liebe Grüße, Michael
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Tedesco del Liuto

Re: Alte deutsche Basslaute - Sorgenkind

Beitrag von Tedesco del Liuto » Mo 16. Sep 2019, 17:00

Lieber Michael,

wenn ich gewusst hätte, dass du schon Gitarren repariert hast, hätte ich nicht so getönt, ;)

Decke: keine Beize, es sei denn, das Lackbild weist darauf hin. Manchmal hat man das früher gemacht ... kein Wachs: Firnis. Also Spritlack oder ein Öllack, der aufgetragen und auspoliert wird.

Risse spänt man normalerweise aus. Das ist nicht schwierig. Du brauchst für Deckenrisse etwas Deckenholz, einen Rest zum Beispiel. Ein harter Ring wird mit dem Stecheisen ausgelöst und dann geduldig an den jeweiligen Riss angepasst, bis er fertig zum Einleimen ist. Eine gute Beschreibung mit Fotos gibt es bei Don E. Teeter in seinem alten Klassiker ... sicherlich auch woanders.

Teeter hat gerne Quick-and-Dirty-Reparaturen mit Hilfe von Cyanoacrylat-KIebern gemacht, also zum Beispiel Dellen in Griffbrettern mit einer Mischung daraus und Schleifstaub gefüllt. Deine Idee mit dem Titebond ist ähnlich.

Die Montierung mit den Schraubhaken ist genial!

Beste Grüße

Joachim

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Re: Alte deutsche Basslaute - Sorgenkind

Beitrag von michvog » Di 17. Sep 2019, 11:03

Hallo.

Die Reparaturen, die ich bisher an Gitarren machen musste, hatten lange nicht diesen Umfang... :D

Risse hatte die Decke nicht, sie hatte eine Ablösung am Rand, wie das Bild oben zeigt. Der Rand war dann da um Korpus hin auch lose... Überraschung...
Die Späne auf der Rückseite gehen aus dem Leim, klaffen aber nicht. Deshalb wollte ich auch keine Späne einsetzen.

Ich habe jetzt die Ablösung zuerst mit wässrigem Weißleim, der sich prima in die Fuge gezogen hat, danach mit Titebond Classic verleimt. Über die Ami-Titebond Leime kann man sich ja streiten, sie sind wohl gut, aber wohl auch nicht besser, als heimische Leime der jeweiligen Qualität. Fakt ist: Es funktioniert.
Titebond härtet gelblich aus, der Schaden ist absolut unsichtbar und die Verklebungen sind reversibel.
Mit Titebond habe ich auch die Späne und Rosettenrisse verklebt und werde auch versuchen, die 2te Schicht im Rosettenholz damit wieder anzukleben. Quick & dirty & Acrylat wollte ich nicht nutzen.

Den Lack der Decke habe ich inzwischen größtenteils abgeschliffen, da ich nicht herausfinden kann, was das genau ist. Ich habe mir Schellack von Fernand Freres in Bernstein transparent bestellt, speziell für Gittarren und Geigen. Die Decke wird komplett neu lackiert. Die Deckenbünde lasse ich drin, die scheinen aus dunklem Kunststoff zu sein und werden entsprechend stark eingeklebt sein. Eh ich da was an der Oberfläche kaputt mache...
Zwischen den Bünden arbeite ich zur Zeit mit "Ziehklingen", d.h. ich missbrauche Cutterklingen und schabe den Lack bis zum Holz ab. Das funktioniert ganz gut...dauert aber.

Ich bin jetzt nur noch am überlegen, ob ich den Steg vor dem Lackieren der Decke anleimen soll, oder danach. Abgeklebt wird dessen Form eh auf der Decke, damit bei Version "davor" der austretende Leim keine Flecken ins Holz macht und bei Version "danach" der Schellack nicht im Bereich der Stegverklebung aufgetragen wird.

Fotos gibt es demnächst.

Liebe Grüße

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