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richtiges Üben

Verfasst: So 3. Mär 2024, 20:53
von Dilettant79
Liebe Forengemeinde,

wenn man ein neues Stück auf der 13chörigen Laute übt, welches relativ schnelle Bassläufe (4tel) bei gleichzeitigen 8tel mit den Fingern hat, übt man dann Daumen und Finger seperat, bis man auf Tempo ist, oder übt man Daumen und Finger zunächst ganz langsam gemeinsam und steigert das Tempo? Ich verzweifel gerade etwas mit der 2. Methode bei BWV 995 (Prelude, tres vite). Obwohl ich jeden Tag einzelne schwierige Stellen immer und immer wieder wiederhole, mache ich kaum Fortschritte.

Vielen Dank für Tipps!

Re: richtiges Üben

Verfasst: Sa 9. Mär 2024, 23:30
von Tedesco del Liuto
Moin!

Ich finde, das Separieren der Hände z.B. am Klavier kann hilfreich sein, aber ich würde den Apparat der Anschlagshand mit seinen vielen Verbindungen zwischen den Fingern, den Teilen der Hand usw. und nicht zuletzt der Orientierung, die von der mehr oder weniger weit geöffneten Handposition beim gleichzeitigen Bass- und Oberstimmenbedienen geliefert wird, nicht auseinanderdividieren wollen. Wenn Du nicht vorankommst, kann es ganz hilfreich sein, ein zweites Paar Augen zu konsultieren. Wir merken ja manchmal gar nicht, wenn wir uns in irgendeiner Kleinigkeit verrannt haben ...

Just my pennyworth

Re: richtiges Üben

Verfasst: Do 14. Mär 2024, 09:17
von Dilettant79
Vielen Dank für den Hinweis!
Nachdem ich jetzt mit dem Metronom erst sehr langsam und dann immer schneller übe, klappt es viel besser. Als Anfänger ist BWV 995 vielleicht auch für den Einstieg etwas zu schwierig, obwohl ich bereits seit langer Zeit Gitarre spiele. Die Koordination und vor allem das Dämpfen der Bordunsaiten ist allerdings für den Lautenneuling eine ganz andere Herausforderung als die drei oder vier mit dem Daumen gespielten Saiten der Gitarre.

Re: richtiges Üben

Verfasst: Mo 18. Mär 2024, 22:19
von Tedesco del Liuto
Erneutes Moin!

Das mit dem Dämpfen der Bässe erledigt sich zu einem guten Teil durch einen konsequent durchgeführten angelegten Daumenanschlag (heißt das im Deutschen so? Rest stroke halt – hat auch die erfreuliche Folge, dass die Orientierung im Bassbereich leichter fällt) und die Verwendung von "historischem" Saitenmaterial, aber das wirst Du ja vielleicht alles schon kennen.

Viele Grüße

Re: richtiges Üben

Verfasst: Fr 22. Mär 2024, 16:36
von Dilettant79
Ja, Reststrokes sind natürlich hilfreich, aber damit kann ich ja nicht die einmal angeschlagene Bordunsaite dämpfen, wenn der Daumen auf der nächst höheren Saite landet. Das historische Saitenmaterial nutze ich auch, damit die Basssaiten nicht so penetrant nachklingen, aber ich will ja auch die Technik des richtigen Dämpfens lernen und zwar nicht nur das sofortige Dämpfen nach dem Anschlag, welches ich relativ gut beherrsche, sondern die schwierigen Dämpfungsmaneuver, wenn die Bordunsaite noch 2 oder 3 Schläge nachklingen und die Dämpfung just während eines schwierigen Laufes der Finger erfolgen soll. Als Beispiel was ich meine, kannst du dir ja mal bei youtube Videos von Evangelina Mascardi anschauen. Ihr Daumen hat ein wahres Eigenleben und agiert völlig unabhängig von den Fingern. Eine Perfektion die wirklich erstaunlich ist.

Re: richtiges Üben

Verfasst: Fr 22. Mär 2024, 19:55
von Magnus
Lieber Dirk, gibt es überhaupt hisorische Quellen, die "die Technik des richtigen Dämpfens" belegen?

Ich kenne nur die Quelle von Gallot, wo er in 1684 schreibt:
"4. Arrester le pouce sur toutes les cordes qui se trouvent dessous pour éviter les mauvais sons".

Hier geht´s aber eher drum, einen guten Klang zu erzeugen, ohne dass die Saiten im Chor in einander schnarren.

LG,
Magnus

Re: richtiges Üben

Verfasst: Mi 3. Apr 2024, 22:20
von Dilettant79
Hallo Magnus,

nicht dass ich wüsste. Die einen machen es so die anderen so...

Du machst ja vom Abstoppen der Bordunsaiten nur wenig bis gar keinen Gebrauch (jedenfalls auf deinen youtube-Videos nicht) Mit den (vermutlich) Loaded Nylgut-Saiten auf deiner 13-chörigen bei Weiss klingt das auch nicht schlecht. Ich habe mir immer eingebildet, dass man dieses ständige Abdämpfen drauf haben muss, um auf relativ hohem Niveau zu spielen. Aber du beweist ja das Gegenteil ;-).

Re: richtiges Üben

Verfasst: Fr 5. Apr 2024, 14:26
von Magnus
Lieber Dirk,

Danke Dir :)

Ich glaube, auf dem Video sind es sogar umsponnenen Pyramidsaiten!
Meine größten heutigen Vorbilder bei der Barocklaute, Nigel North und Robert Barto, dämpfen
auch normalerweise nicht die Bässe, und sie spielen auch mit modernen Saiten. Aus historischer
Sicht sagt das allerdings nichts, aber weil ich in den hist. Quellen nichts darüber finden haben können und es bei ihnen
so gut funktioniert, habe ich stets lieber meine geringen technischen Resourcen auf andere Probleme fokusiert.
Evangelina ist ja eine Lautenistin, die anscheinend keine technischen Einschränkungen hat, deshalb kann sie es sich leisten,
auf sowas sich auch zu konzentrieren...bei mir ist es nicht der Fall :)

Re: richtiges Üben

Verfasst: Sa 6. Apr 2024, 19:00
von Dilettant79
Lieber Magnus,

stimmt, mein großes Vorbild Nigel North dämpft auch kaum. Also werde ich mich ab jetzt auch nicht mehr mit dieser Herausforderung herumschlagen ;-).

Mascardi ist technisch so perfekt, dass sie sich wahrscheinlich irgendwann gedacht hat, wie sie sich das Lautenspiel noch ein Level schwieriger machen kann ;-).

Re: richtiges Üben

Verfasst: So 5. Mai 2024, 13:14
von jokli
Im Thread ist zwar das Meiste schon gesagt, aber ich will mal noch meinen Senf dazugeben: Wenn man mit modernen umsponnenen Bass-Saiten spielt, braucht man eine ganz andere Anschlagstechnik als mit den historisch gebräuchlichen Darmsaiten (egal ob blank, "loaded" oder leicht umsponnen): mit angelegtem Anschlag werden die Bässe zu laut, dazu klingen sie sehr lange nach.
Ich spiele daher nur noch entweder mit Nylgut oder besser den entsprechenden Darmsaiten. Dann funktioniert auch der angelegte Daumenanschlag (den man aus der Handhaltung praktisch jeder historischen Abbildung herauslesen kann) nicht nur, sondern man braucht ihn auch, und die meisten Bässe klingen nicht so lange nach, dass sie unbedingt gedämpft werden müssten. Das ist insbesondere bei relativ schnell aufsteigenden Bassnoten interessant, die nicht automatisch durch den angelegten Daumenanschlag gedämpft werden.
Das heißt aber nicht, dass man Bässe überhaupt nicht dämpfen sollte. Zum Einen für das Stilmittel der Artikulation - insbesondere dann, wenn die Unterstimme ein Thema der Oberstimme aufgreift, das man dort mit einer bestimmten Artikulation gespielt hat. Zum anderen bei Kadenzen, meist also einem Quartsprung im Baß (D-T).

Es gibt übrigens einen kleinen Trick, mit dem Du bei angelegtem Daumenanschlag die eben gespielte Saite einfach dämpfen kannst: wenn Du den Daumen im vordersten Gelenk leicht abknickst, dämpft er die nächsttiefere Saite ab.